Sie rettete sich durch die Flucht vom Todesmarsch

Die Geschichte von Věra Ledererová, die den Aufenthalt im KZ überlebte und nach der Flucht vom Todesmarsch in Košetice bei Pacov versteckt war

Věra Ledererová-Kaufmannová mit Egon Kaufmann im 1942

Věra Ledererová (20. Oktober 1920 – 1998) war Tochter des Kaufmanns Emil Lederer, der auch langjähriger Vorsitzender der jüdischen Religionsgemeinschaft von Pacov und Mitglied des dortigen Stadtrates war. Emil Lederer gehörte in Pacov nach der Besetzung zu den ersten Verhafteten. Er wurde im April 1940 verhaftet und kam 1942 im Konzentrationslager Buchenwald (Bernburg) um.

Im Frühjahr 1942 heiratete Věra Ledererová den damals im Arbeitslager Lípa stationierten Egon Kaufmann, der anlässlich der Hochzeit eine befristete Reiseerlaubnis nach Pacov erhielt. Im November 1942 wurde sie zusammen mit ihrer Mutter Berta und ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Zdenka wie die anderen Juden aus Pacov über Tábor nach Theresienstadt deportiert. Dort bewarb sie sich als ehemalige Krankenschwester um eine Stelle im Gesundheitswesen und wurde in die Dresdner Kaserne eingeteilt, wo sie sich bei der Behandlung von Patienten mit eitrigen Entzündungen eine schwere Ruhr zuzog. Sie hatte hohes Fieber und verlor in einer einzigen Woche fünfzehn Kilogramm, aber dank einer guten medizinischen Versorgung erholte sie sich.

Věra und Zdenka Lederer vor dem Krieg

Im Januar 1943 bekamen Mutter und Zdenka den Deportationsbefehl nach Auschwitz, und da Věra in Terezín niemanden mehr kannte, beschloss sie, mit ihnen zu gehen. Der bei der Transportabteilung stationierte Freund ihres Mannes ließ sie jedoch nicht in den Transport einsteigen und rettete so ihr Leben. Deshalb gelangte sie erst im Mai 1944 nach Auschwitz. Věras Mutter und Schwester kamen in Auschwitz ums Leben. Das gleiche Schicksal ereilte die Familie ihres Onkels Viktor, seiner Frau Elsa und der Söhne Kamil und Emil.

Im Juli 1944 wurde Věra zusammen mit 500 anderen tschechischen Mädchen aus Auschwitz-Birkenau zur Zwangsarbeit im Dritten Reich abkommandiert, wo sie im Lager Christianstadt untergebracht wurde. Das Lager wurde unter anderem zum Fällen von Bäumen, zur Holzverarbeitung und zum Bau von Straßen genutzt. Anfang 1945 absolvierte sie vor der herannahenden Kriegsfront den Todesmarsch nach Bergen-Belsen, doch nach drei Tagen gelang ihr mit zwei weiteren Freundinnen die Flucht und Rückkehr nach Böhmen.

Ab Februar 1945 versteckte sie sich in Prag, später bis Kriegsende unter dem falschen Namen Věra Králová bei der Familie des Professors Jirsa im Dorf Košetice bei Pacov. Die Jirsas waren langjährige Freunde ihrer Eltern – Věras Vater rettete Karel Jirsa vor dem Ertrinken und unterstützte ihn später im Geschäft. Bis zur Befreiung der Republik blieb sie fast acht Wochen bei der Familie Jirsa. 

Nach der Befreiung im Jahre 1945 wurde Věra Ledererová der Familienbesitz zurückgegeben und mit ihrem Mann, der ebenfalls den Holocaust überlebte, begann sie sogar mit dem Wiederaufbau des Familienunternehmens. Nach 1948, als ihr Eigentum erneut beschlagnahmt wurde, zogen sie weg von Pacov nach Prag, wo sie später ihren Namen in Kolář änderten und wo auch 1949 ihr Sohn Jan geboren wurde. Frau Kolářová arbeitete als ambulante Krankenschwester in Prag, zunächst in Smíchov in der Kartouzská-Straße und dann in Prag 4. Viele Jahre lang war sie Oberschwester der Augenambulanz und im Ruhestand wechselte sie in die Jugendabteilung. Im April 1992 zeichnete sie ihre Aussage für die Gedenkstätte Terezín auf.

Brief von Věra Ledererová an ihren Vater ins Konzentrationslager